Schönwettergeher

Unlängst kam ich auf einer Bergtour mit zwei Männern ins Gespräch, die beide betonten, es käme überhaupt nicht darauf an, ob die Bergtour leicht oder schwer sei. Hauptsache, man habe Spaß. Allerdings, schränkte der eine ein: im Winter habe man in den Bergen nichts verloren. Er persönlich bliebe da lieber zuhause, am besten in der Badewanne.
Der Mann war mir sofort äußerst sympathisch.
Als passionierte Schönwetterberggeherin vermeide ich es auch, das Haus in Richtung Berge zu verlassen, wenn draußen alles Grau in Grau ist. Schließlich gehört ein Gipfelschläfchen in der Sonne unbedingt zum Berggenuss dazu! Am Gipfelkreuz im verschwitztem T-Shirt unter schwarzen Wolken oder im Schneesturm zu zittern ist einfach nicht meins. Manchmal aber ist der Drang rauszugehen dann doch stärker als das schlechte Wetter.
So wie heute.
Da war ich mit einem anderen Mutigen verabredet, um eine Skitour zu machen. Schnee hieß es, gebe es in den bayerischen Voralpen eigentlich nicht mehr, und im Übrigen sollte es regnen. Von morgens bis abends. Mehr oder weniger ununterbrochen. Schnürlregen. Mal von links, mal von rechts.
Nicht, dass wir in der Früh nicht beide schon fast den Hörer in der Hand hatten, um die Aktion abzublasen. Auch am Treffpunkt kam uns unser Plan nur mittelschlau vor. Immerhin waren wir uns sofort einig, dass das Spitzingseegebiet von unseren Alternativen die einzig Richtige war. Nicht nur wegen der Möglichkeit, notfalls einkehren zu können.
Am Spitzingssattel fiel zwar schon Schneeregen, die Hänge waren jedoch stark abgeblasen und es sah eher nach Skier tragen aus. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt - und siehe da! -  am Fuße der Taubensteinbahn sah es schon gar nicht mehr schlecht aus. Die Piste war weiß, auf dem Parkplatz wimmelte es geradezu von Skitourengehern.
So viele Leute können ja gar nicht irren.
Auf dem ersten Steilhang balancierten wir noch elegant an großen braunen Flecken entlang, um das nächste Stück der geschlossenen Schneedecke zu erreichen, und witzelten darüber, warum die Taubensteinbahn bei der grandiosen Schneeauflage eigentlich nicht fuhr.
Und dann war plötzlich alles anders.

Als passionierte Schönwetterberggeherin vermeide ich es auch, das Haus in Richtung Berge zu verlassen, wenn draußen alles Grau in Grau ist. Schließlich gehört ein Gipfelschläfchen in der Sonne unbedingt zum Berggenuss dazu! Am Gipfelkreuz im verschwitztem T-Shirt unter schwarzen Wolken oder im Schneesturm zu zittern ist einfach nicht meins. Manchmal aber ist der Drang rauszugehen dann doch stärker als das schlechte Wetter.

Der Schneefall hatte sich verdichtet, hübsche Kristalle wirbelten um unsere Köpfe und legten sich auf unsere Anoraks. Die Skitourengeher verloren sich im Schneegestöber und bald waren wir alleine unterwegs. Hin und wieder zischte ein einsamer Skifahrer an uns vorbei. Sonst war alles ruhig, nur Schneetreiben und das Knirschen der Skier auf dem neu gefallenen Schnee.

Bis zum Rauheck hatten wir den Berg für uns. Das Rauheck übrigens auch. Genauso wie den Wald, durch den wir Richtung Taubenstein abfuhren. Und die Taubensteinhütte, in der sich ein riesiger Schäferhund über die überraschenden Gäste empörte. Auch den Logenplatz in der Hütte, von dem aus wir das Schneetreiben vor dem Fenster und den einsamen Skitourengeher beobachteten, der sich den Steilhang zum Taubenstein hinaufquälte, um kurz vor dem Ziel umzudrehen und abzufahren.

Warum der umdrehte, stellten wir kurze Zeit später  selbst fest. Eine dünne Pulverschneeschicht auf hart gefrorenem Eis, das geht sich einfach nicht gut. Selbst, wenn man die Ski am Hangfuß stehen lässt.

Am einsamen Gipfelkreuz einen Schluck Gipfelsonne aus der Schnapsflasche, und hinab ging es in sausender Fahrt ins Tal. Durch winterlich verschneite Tannen, in fast unverspurtem Pulverschnee, wenn auch, zugegeben, nicht knietief.

In der Badewanne war ich dann übrigens auch noch, denn in München regnete es nach wie vor.


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