Geisterwand

Sarah Moss

Um ehrlich zu sein: historische Romane sind nicht mein Ding. Ich mag es nicht, in eine Welt einzutauchen, in der die Menschen eine Sprache sprechen, die es so gab oder auch nicht. Wobei ich zugeben muss, dass mich die Vergangenheit durchaus interessiert.

Gefesselt hat mich daher Sarah Moss Roman. Im Vordergrund steht ein archäologisches Experiment. So zu leben, wie es die Menschen in der Eisenzeit vermutlich taten. In rauhe Kutten gekleidet verbringt eine Gruppe Menschen eine Zeit im Wald von Northumberland. Sammelt, jagt und kocht, um sättigenden Brei am Abend essen zu können. Die Teilnehmer legen die Regeln des Experiments allerdings unterschiedlich streng aus. Wo die jugendliche Sylvie sogar mit Schlägen von ihrem Vater gezwungen wird, sich strikt an alles zu halten, gehen die beteiligten Studenten mal zum Supermarkt shoppen oder Party machen.

Denn, wer hart arbeitet, darf auch mal feiern. Und wer ein bisschen Abstand von allem bekommt, sieht auch mehr. Jeden Tag wird die Studentin Molly mehr zu Sylvies Verbündeter, sieht die Gewalt in der Familie und rettet dem Mädchen am Ende sogar das Leben.

Ein Roman, der auf elegante Weise Wissen über die Eisenzeit vermittelt, während so ganz nebenbei das Thema häusliche Gewalt eingeführt wird – und glücklicherweise genau den Weg hinaus findet, den man sich als Leser dringend wünscht.

Der Freund

Sigrid Nunez

Klar, denke ich, der Hund ist der beste Freund des Menschen, als ich die dänische Dogge in der grafischen Umgebung auf dem Cover sitzen sehe. Wer denn sonst?

Tatsächlich ist der beste Freund in diesem Roman ein Mann. Der Selbstmord begangen, Ehefrauen, Liebhaberinnen und einen riesigen Hund, der vor dem Tierheim bewahrt werden muss, hinterlassen hat. Die trauernde Protagonistin nimmt den Hund widerwillig an sich, riskiert die Kündigung ihrer Wohnung und beißt sich durch den Schmerz über den Verlust ihres besten Freundes.

Soweit, so traurig.

Aber der beste Freund des Menschen ist nicht der Hund, sondern die Literatur. Sigrid Nunez erzählt die Geschichte eines Abschieds und flicht auf jeder Seite Überraschungen ein: unerwartete Wendungen, amüsante Anekdoten, historische Begebenheiten und Zitate bedeutender Autoren. Ein Ritt durch die Literatur des Gestern und Heute, der Überlegungen dazwischen und dem Nachdenken danach.

Ein Buch, das so gut ist, dass man es immer wieder zur Seite legen muss, um über das Gelesene nachzudenken. Das in schnörkelloser Sprache in die Untiefen des Lebens eintaucht. Und lange in Erinnerung bleibt.